Donnerstag, 14. Januar 2016

Das wenn Oma wüsste ...

Ok, in diesem Moment wird sie’s jetzt wohl auch erfahrn, da sie eine meiner fleißigsten Blogleserinnen ist. Aber manchmal ist es besser, Dinge erst danach zu hörn, da es davor wahrscheinlich für zu viele Sorgen, schlaflose Nächte und einen hohen Blutdruck gesorgt hätte. ;) Ich werd jetzt besonders auf die letzten beiden Tage eingehen, weil wir hier einfach eine Menge erlebt haben.

 Ein Abenteuer der etwas anderen Art ;)


Trotzdem start ich am Besten mal ganz vorne: Nachdem das Baby meiner Gastfamilie nun am 4. Januar 2016 etwas verspätet auf die Welt gekommen ist, war's am Samstag dann so weit: um 9:20am ging mein Flug nach Perth, wo ich Basti (endlich, endlich, endlich!!) getroffen hab – ziemlich genau 6 Monate nachdem ich und 5 Monate nachdem er Deutschland verlassen hat. Sind dann zur „Couchsurfing“-Unterkunft gefahrn, wo Basti schon 2 Nächte wohnte und wir auch nochmal eine Nacht bleiben konnten. („Couchsurfing“ ist ein Internetforum, in dem Personen ein Bett / eine Couch / ein Zimmer inkl. Essen & Trinken anbieten – kostenlos.) So, erstmal in den hauseigenen Pool springen und abkühlen! Basti und ich haben geredet, geredet und geredet und haben uns jetzt auch nach 6 Tagen noch so viel zu erzählen. Abends warn wir dann bei Freunden von Bastis Verwandten zum BBQ (Grillen) eingeladen, wo wir einen richtig, richtig schönen und lustigen Abend in einer super netten Familie hatten. Von deren Tochter kamen dann noch 4 Freunde, mit denen wir Perth unsicher machten. Ich kenne ja die australischen Alkohol- und Weggeh-Preise inzwischen, aber hier is es schon nochmal etwas teuerer als in Melbourne und so dachte Basti, er hätte sich verhört, als wir $10 für einen 2cl-Shot zahlen mussten. Welcome to Australia! Als wir heimfuhren, begleiteten uns die 5 netterweise zur Bahnstation und wir haben glücklicherweise gerade noch den letzten Zug erwischt, welcher in dem Moment, als wir in den Zug stiegen, die Türen schloss. Puh, nochmal gut gegangen. 





Am Sonntag haben wir uns nach langem hin und her entschieden, mal ins Hostel zu gehen, wo wir dann gleich von der Couchsurfing-familie hingefahren wurden. Erster Eindruck: Soooo viele Deutsche! Wahnsinn! Unser Zimmer teilten wir mit einem Schweizer und – natürlich – einem Deutschen (Julian), welcher uns gleich eingeladen hat, ihn und ein paar andere vom Hostel am Abend Gesellschaft zu leisten, da sie im Park ein BBQ machen wollten. Top, der Abend ist gesichert! Doch erst wollt ich mir mal ein Bild von der Stadt machen. Da Basti schon ein paar Tage hier war, konnte er mir das „Zentrum“ von Perth (welches extreeem klein ist – vor allem im Vergleich zu Melbourne – und mich eher an die Fußgängerzone in Ingolstadt erinnerte) zeigen, bevor wir’s uns dann in einem Café direkt am Fluss gemütlich gemacht haben. Abends gings dann eben in den Park zum BBQ, wo ein paar Deutsche, Franzosen und ne Schwedin auf uns warteten. Haben gegrillt, gegessen und viel geredet, bevor wir den 4,5 km-langen Heimweg, dem Fluss entlang antrieten. 




Da an Bastis Radl was kaputt war, musste er am Montagmorgen zu einem Spezialisten fahrn. Ich hab die Zeit gleich genutzt um „ein bisschen“ shoppen zu gehen – bei solchen Reduzierungen wie sie am Montag in den meisten Geschäften warn, muss man zuschlagen. Später sind wir dann an den Strand – richtig schön: weißer Sandstrand und hellblaues Meer. Da hab ich mich schon auf den Sonnenuntergang gefreut, da ich inzwischen schon öfter gehört hab, dass die hier in Westaustralien am Schönsten sein sollen. Doch leider: FAIL! Zu viele Wolken. Naja, sind ja noch länger hier. Haben dann mit unseren Wraps am Strand gepicknickt, meine neue wasserfeste Handyhülle im Meer ausprobiert, und stundenlang geredet: über die Heimat, über das letzte Jahr, über unsere Pläne, usw. Als wir auf dem Heimweg ein Zugticket lösen wollten, hatten wir leichte Probleme mit dem Ticketautomat, da ich nur $20-Scheine hatte und der Automat nur $5 oder $10-Scheine nehmen wollte, Karte hatte auch nicht funktioniert, aber hilft nix; wir waren viel, viel zu weit weg um zu laufen - und so begann das erste Abenteuer. Rein in den Zug und hoffen, dass kein Kontrolleur kommt. Natürlich kam einer, bzw. sogar zwei, und natürlich genau auf der längsten Strecke zwischen 2 Haltestellen – war klar, oder? Ok, was jetzt? Hingehen und die Situation erklären? Abwarten? So bald wie möglich aussteigen? Erstmal ruhig bleiben und uns langsam in Richtung Tür bewegen. Wir hatten enormes Glück, dass die zwei Personen vor uns so trödelten beim Ticket-herzeigen, so dass der Zug genau ins stehen kam, bevor die Kontrolleure unsere fehlenden Fahrscheine sehen wollten. Schnell raus da! Puh, nochmal Glück gehabt. Und jetzt? Der nächste Zug wäre erst in 58 Minuten gekommen … das war uns dann irgendwie auch zu lang. Glücklicherweise warn wir nicht weit vom Highway entfernt und somit fiel die Entscheidung recht schnell: warum nicht trampen? Ab zum Straßenrand, Daumen raus und 10 Minuten und ca. 50 Autos später saßen wir im Auto von einem Hongkonger, der uns vor unserem Hostel absetzte. Hat ja recht gut funktioniert. 




Am Dienstag ging’s dann ähnlich weiter bzw. gings erst richtig los: eigentlich wollten wir auf Rottnest Island (eine autofreie Insel westlich von Perth, die scheinbar perfekt zum Schnorcheln sein sollte), was uns dann aber irgendwie doch ein bisschen zu teuer war – nur um zu schnorcheln und einen schönen Strand zu sehn, von denen wir wahrscheinlich noch einige auf unserem Roadtrip finden werden. Unser Hostel hatte auch kein Bett mehr für die Folgenacht frei und wir hatten noch Zeit bis Freitagmorgen, wo unser Roadtrip mit Marco und seiner Freundin beginnt. Also kurz gesagt: keine Unterkunft – kein Auto – kein Plan – viel Zeit – Trampen hat gestern super funktioniert, also: Let’s do it again! Wohin? Keine Ahnung! Da unsere Tour nächste Woche südlich von Perth geht, haben wir uns erstmal in den Zug Richtung Norden gesetzt, da es wohl schwierig ist in der Stadt zu trampen. Im Internet haben wir dann entdeckt, dass es in Lancelin ganz schön sein sollte – ca. 150 km nördlich von Perth. Sollte ok sein. 



Unser Startpunkt war am Ende des Freeways und irgendwie wollte ganze 20 Minuten kein Auto halten (was für’s Trampen immernoch verdammt kurz is, da – was ich so gelesen und gehört hab – es schon mal 2 bis 3 Stunden dauern kann, bis ein Auto anhält). Aber dann ging’s los: das erste Auto nach 20 Minuten, das zweite nach 5, das dritte nach 2 Minuten, beim 4. Stopp wollten wir eigentlich erstmal eine kurze Pause machen um was zu essen, aber schon hat das nächste Auto gehalten – so ein Stress! 
Und bis wir geschaut haben, warn wir auch schon mitten am Strand in Lancelin und wir können sagen: wir warn mitten im Paradies! Dachten eigentlich, der Sand gestern wäre weiß und das Meer türkis gewesen, doch das hier war kein Vergleich! Ohne Sonnenbrille konnten wir gar nichts sehn – leider kommts (wie immer) auf den Fotos  nicht so gut rüber wie in Wirklichkeit, aber es war unbeschreiblich. 


Einer der vielen Autofahrer, die uns mitnahmen ;)



 Würstchen, Spiegelei und Toast auf'm BBQ am Strand


Nach einer ausgiebigen Pause am Strand und vielen faszinierenden Gesichtsausdrücke und Aussagen später, kam langsam der Hunger und so haben wir auf dem BBQ am Strand Würstchen, Toast und Spiegeleier gegrillt / gebraten / was auch immer. Als ich davor von dem kleinen Supermarkt in der Nähe zurückgeloffen bin, hab ich mir die Häuser am Strand so angeschaut und mir – spaßeshalber – gedacht: eigentlich könnten wir hier doch auch fragen, ob wir schlafen könnten. So offen wie die Australier sind, wär des wahrscheinlich nicht mal ein Problem. Achja: wo wir schlafen wussten wir natürlich in der Früh noch nicht und so haben wir einfach unseren Schlafsack mitgenommen – Zelt wird überbewertet (Bastis war ohnehin kaputt und ein neues wollten wir eigentlich erst am Freitag zu viert kaufen). Mein Proficamper hat meinen Schlafsack während dem Grillen mal durchgecheckt und komisch … hat mich irgendwie ausgelacht. Mein Schlafsack ist wohl eher für zelten und weniger für wildcampen ohne Zelt geeignet. Ein Gentleman wie er sein kann, hat er mir seinen Schlafsack angeboten, da Männer ja seiner Meinung nach eh weniger frieren. Je später es wurde, desto kälter wurd’s jedoch leider auch (da’s in Perth abends schon wirklich ziemlich abkühlen kann, was ich von Melbourne nicht wirklich kenn) und als die Sonne weg war hat’s uns dann in kurzer Hose, die wir nur hatten, schon etwas gefroren. Hab dann – immer noch als Spaß – meine Idee mit dem „im Haus schlafen“ angebracht und Basti hat das gleich als Aufforderung für einen Spielstart für „Wenn ich du wär …“ verstanden (typisches Spiel, welches wir in verschiedenen Urlauben, auf verschiedenen Partys, usw. öfter mal spielen). Also: „Wenn ich du wär, würde ich bei den Häusern fragen, ob wir bei ihnen schlafen dürfen!“ Nichts leichter als das! (Das hätt er nicht gedacht.) Eigentlich ist es auch ein bisschen ... dreist, aber 1. Es war verdammt kalt und windig, 2. Hatten wir nur nen Schlafsack dabei, 3. Sind die Australier so unglaublich offen und hilfsbereit, 4. Haben wir gehört, dass so „Ranger“ nachts rumlaufen und überprüfen, dass hier niemand schläft, von denen wir eine saftige Strafe hätten bekommen können, 5. Kostet fragen nichts und 6. Warn wir grad auf dem Abendteuertrip. Also los ging’s! Bei den ersten beiden Häusern hat niemand aufgemacht, die nächsten beiden Häuser warn nur Ferienwohnungen, wo die Leute uns sooo gern helfen wollten, aber gesagt haben, sie können das nicht machen, da sie hier ja nur für eine Woche in Miete hier sind und sich nichts zu Schulden kommen lassen wollen / können. „Bei 3 Häusern versuch ich mein Glück noch“, dacht ich mir. Doch schon beim nächsten hatt‘ ich Glück! Ein älterer Mann, der zufällig gleich die Straße hoch ein Ferienhaus hat und uns dort schlafen lässt. Schnell haben wir zusammen Basti am Strand abgeholt, der auf unser Zeug aufpasste und sich inzwischen schon ein bisschen Sorgen um mich gemacht hat. Er konnt’s nicht glauben, dass ich das gemacht hab und dass es tatsächlich klappte. Hatten also für die Nacht ein Dach über den Kopf, eine warme Dusche, 3 Schlafzimmer, eine gut ausgerüstete Küche inkl. Toaster und sogar einen Fernseher – und das alles kostenlos! Läääääuft! Basti hat in der Zwischenzeit von ein paar Franzosen noch Pommes und Chicken geschenkt gekriegt und somit war unser zweites Abendessen gerettet. :P Der Tag war also in jeder Hinsicht ein voller Erfolg und wir werden uns noch lange dran erinnern und drüber reden.
Schon war’s Mittwochmorgen. Peter (der Mann dem das Haus gehörte) hat gemeint, wir sollten doch in der Früh noch auf einen Café vorbeikommen. Da saßen wir dann bei ihm auf der Veranda, haben über 2 Stunden mit ihm geredet, uns seine oftmals faszinierenden Geschichten angehört und konnten hoffentlich somit (mit unserer Gesellschaft und langen Gesprächen) ein bisschen was zurückgeben, was er uns letzte Nacht gegeben hat. 

 Peter ;)

Anschließend hat er uns angeboten, uns noch zur Hauptstraße zu fahrn, wo wir wieder starten wollten mit Trampen, um zurück nach Perth zu kommen. Peter meinte, es wäre kriminell von ihm, uns nicht noch die Sanddünen, für die Lancelin bekannt ist, zu zeigen. So machten wir dorthin noch einen kurzen Abstecher, was es definitiv wert war: unendlich hohe, weiße Sanddünen – unglaubliche Weite! HAMMER!!! Sowas hab ich echt noch nie gesehn. Danach haben wir noch einen Stop an einem Lookout gemacht, wo wir das traumhaft türkise Meer und den weißen Sandstrand bis hin zu den Dünen sehen konnten. 






Als wir dann schließlich an unserem neuen Anfangspunkt für’s Hichhiken (= Trampen) standen, dauerte es wieder keine 2 Minuten bis ein Auto uns mitnahm. So lief das ganze bis Currambine (ca. 25 km nördlich von Perth), wo wir erneut eine Couchsurfingunterkunft gefunden haben. Unglaublich! Diesmal warn’s 5 verschiedene Autos und das längste was wir warten mussten, warn 8 Minuten. Dadurch, dass wir anfangs die falsche Adresse von unserer Unterkunft hatten, warn wir etwas verwirrt, als wir vor einem Haus standen, aus dem im gleichen Moment eine Frau rauskam, die leider nicht die war, die wir suchten. Hilfsbereit – wie alle Leute, die wir die letzten 2 Tage kennengelernt haben – hat sie uns zur richtigen Adresse gefahrn, nachdem sie uns in ihrem Garten mit Wasser und Bier versorgte.
Ja, und jetzt sind wir hier – inzwischen die 2. Nacht. Ganz liebe Leute und auch Fahrradfahrer, wie Basti es ist. Abschließend noch ein kurzes (ich hoff, ich kann mich wenigstens diesmal kurz halten) Fazit zu den letzten beiden Tagen:

  1. Trampen in Australien funktioniert definitiv! Vielleicht hatten wir die beiden Tage einfach verdammt viel Glück, vielleicht sind die Australier aber auch wirklich zum Größten Teil so offen und hilfsbereit, wie ich bisher bereits dachte. Dadurch haben wir viele liebe Leute kennengelernt und tolle Gespräche geführt, spannende Geschichten erfahrn, das ein oder andere Neue über Australien gelernt und konnten die Einheimischen von Deutschland überzeugen.
  2. Ein bisschen Vorsicht gehört vielleicht auch dazu. Es gibt einige Geschichten der letzten Jahre, die abschreckend und einschüchternd bzgl. des Trampens sein können, aber wir haben – so wie’s uns auch von mehreren Autofahrern ans Herz gelegt wurde – auf unser Herz gehört, als wir ins Auto stiegen. Wobei wir mit den Leuten wirklich immer einen guten Fang gemacht haben. Allein würd ich’s wohl nicht machen, aber da ich Basti dabei hatte, hatte ich wirklich keine Zweifel. Zu zweit und vor allem mit nem Junge dabei, kann wohl doch nicht so viel schief gehen.
  3. „Wenn ich du wär …“ ist auch super in Australien zu spielen. ;) In unserer Situation kann ich sagen: es is manchmal wirklich gut, einfach mal die Leute anzusprechen wenn man was braucht. Man kann nicht’s verlieren und wie heißt’s so schön: Fragen kostet nichts.
  4. Australien ist SUUUPER!
  5.  Wenn man’s geschickt macht, kann man sogar in Australien recht günstig durch kommen. 
  6. Soooo schön, endlich mit nem Freund von Zuhause unterwegs zu sein! Mit Basti kann ich einfach  ganz andere Gespräche führen. Wir kennen die Leute, von denen wir erzählen, wir kennen die Partys von denen wir reden und wir können über „alte Zeiten“ reden und Fotos anschaun. Außerdem kennt er mich einfach anders und länger, als die Freunde, die ich hier in Melbourne kennengelernt hab (wobei ich die natürlich auch sehr ins Herz geschlossen hab!;))


Jetzt freu ich mich auf unseren Roadtrip, der morgen früh startet, nachdem wir Marco und seine Freundin treffen. Ich hoff, der Blutdruck meiner Oma (und der, meiner Mama) hat sich jetzt zum Ende meines Blogeintrags inzwischen wieder normalisiert, nachdem sie gelesen haben, dass wir zu fremden Männern ins Auto gestiegen sind, bei fremden Leuten wohnen, ich bei fremden Häusern geklopft hab, usw. Manchmal braucht man einfach einen kleinen Adrenalinkitzel, dass es nicht langweilig wird. Basti und ich passen immer auf uns auf und so bin ich mir sicher, dass auch während unseres Roadtrips alles gut gehen wird – ein bisschen Vertrauen und Zuversicht gehören auch dazu. So war auch die häufigste Aussage der letzten beiden Tage „No worries, mate!“ – Mach dir keine Sorgen, kein Problem, schon ok, alles ist gut.

Also: No worries, mates! 

 

 

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